Nach fast fünf Jahren war es mir Anfang Mai wieder möglich, für einige Tage die ungarische Hauptstadt zu besuchen. In diesem Beitrag möchte ich kurz meine Eindrücke skizzieren.
Mein Gesamteindruck, der sich während meines Aufenthalts immer wieder bestätigte, war: Budapest wird immer schöner! Kunst, Kultur und Architektur gelangen hier zu einer neuen Blüte. An vielen Stellen in der Stadt kann man feststellen, dass sowohl die historischen Gebäude liebevoll restauriert und einer neuen Nutzung zugeführt werden als auch der Moderne der ihr gebührende Raum gegeben wird.
Hier sei als Teil des Liget-Budapest-Projekts das Haus der ungarischen Musik genannt, das 2022 im Stadtpark eröffnet wurde. Die harmonische Verbindung zwischen außergewöhnlicher Architektur und Zweckbestimmung des Gebäudes sticht dem Besucher sofort ins Auge. Hier ist wahrlich eine architektonische Meisterleistung entstanden, die sich perfekt in das historisch gewachsene Naturdenkmal „Stadtwäldchen“ einfügt. Auch der Neubau des Ethnographischen Museums an der Dózsa György út 35 ist ein Musterbeispiel für eine gelungene Symbiose aus Form, Inhalt und Umgebung. Hier konzentriert man sich hauptsächlich auf die Traditionen der ungarischen und europäischen Kulturen und hat seit 1872 über 200.000 Exponate gesammelt, archiviert, bewahrt und erforscht. Das Museum beheimatet auch das Besucherzentrum Liget Budapest, in dem die Entwicklungen im Stadtpark verfolgt werden können. Hier befindet sich auch ein riesiges Modell von Budapest um 1910: Durch dieses Modell, das mehr als 6.000 Gebäude zeigt, kann die Hauptstadt aus völlig neuer Perspektive betrachtet werden.
Im Bereich der mit großem Eifer betriebenen Wiederherstellung der historischen Gestalt Budapests ist an erster Stelle das 2014 begonnene Nationale Hauszmann-Programm zu nennen. Dieses Programm hat sich zum Ziel
gesetzt, Gebäude von historischem Wert, welche entweder im Zweiten Weltkrieg oder im Kommunismus zerstört wurden, wieder originalgetreu aufzubauen und damit die repräsentative, kulturelle und touristische Funktion des Burgviertels zu verstärken. Namensgeber wurde der ungarische Architekt Alajos Hauszmann (1847-1926), der den Umbau des Burgpalastes zu der Zeit der Jahrhundertwende geleitet hatte.
Das Budaer Burgviertel blickt auf eine mehr als 750-jährige Geschichte wechselvolle Geschichte zurück. Es war immer wieder Schauplatz von Kriegen und Besatzungen. So wurde es neben den Türken und den Habsburgern auch von den Deutschen und den Sowjets besetzt. Die historischen Gebäude haben zuletzt im Zweiten Weltkrieg erhebliche Schäden erlitten. Das kommunistische Regime hat nach dem Krieg zudem erhaltene oder nur gering geschädigte Gebäude aus ideologischen Gründen abgerissen oder umgebaut und damit das historische Gesicht entstellt beziehungsweise dem Verfall preisgegeben.
So wurde 2011 zunächst mit der Renovierung des 1883 errichteten Burggarten-Basars am Fuße des Burgbergs unter dem Burgpalast begonnen, der 1984 wegen seines schlechten baulichen Zustands geschlossen werden musste. Die Wiedereröffnung erfolgte 2014. In der Zwischenzeit wurde das Karmeliterkloster neben dem Palais Sándor renoviert, das seit 2019 als Amt des Ministerpräsidenten wiedereröffnet wurde.
Auch der der komplette Wiederaufbau der königlichen Reithalle und des Hauptwachgebäudes inklusive Csikós-Hof und Stöckl-Treppe ist abgeschlossen. 2021 erfolgte schließlich die Wiedereröffnung des St.-Stephans-Saals im Burgpalast. Weitere Schritte sind: der Wiederaufbau des Palais des Erzherzogs Joseph, das Oberkommando der ungarischen Streitkräfte und der Turm des ungarischen Nationalarchivs sowie die komplette Wiederherstellung des Burgpalasts in seiner historischen Gestalt.
Man darf auf die Entwicklungen in den kommenden Jahren also gespannt sein und die ungarische Kapitale bereits jetzt zu dieser gelungenen Schönheits-Kur beglückwünschen!
Auch in Pest ist die Renovierung vieler historischer Gebäude an der Andrássy Straße, dem großen Boulevard zwischen Innenstadt und Heldenplatz, weit fortgeschritten. Ein besonders gelungenes Beispiel stellt der Drechsler-Palast gegenüber der gleichfalls komplett renovierten Staatsoper dar.
Es ist natürlich verständlich, dass die immensen Kosten dieser Maßnahmen auch in Ungarn nicht nur Zuspruch hervorrufen. Dass auch schnell für das Alltagsleben wichtigere Verwendungsmöglichkeiten für die hier gebundenen Mittel gefunden werden überrascht nicht. Hier geht es aber um mehr! Es geht hier nicht um die Befriedigung von Partikularinteressen oder die Erfüllung von Wünschen bestimmter gesellschaftlicher Gruppierungen und Schichten.
Es geht darum, dass die zuvor exemplarisch geschilderten Projekte in der ungarischen Hauptstadt einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einem großen Ganzen, einer Staats-, Kultur- und Gesellschaftserzählung zu vereinigen, die Gegensätzlichkeiten nicht ausklammert und einen positiven Weg in die Zukunft beschreibt.
Es geht hier aber auch um ein Ungarn – und das wird an vielen Stellen deutlich – das sich als Teil der großen europäischen Familie versteht. Gemeint ist hier aber Europa, der alte Kontinent, der verbunden ist durch gemeinsame Geschichte und Kultur in den unterschiedlichen nationalen Ausprägungen und Verschiedenartigkeiten. Und dieser gemeinsame Weg der europäischen Nationen ist größer und stärker, als die Europäische Union in ihrer heutigen von Zerfall, Bürokratie und Dysfunktionalität gekennzeichneten Gestalt.
Georg Frankenfeld, 08.05.2024
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationales_Hauszmann-Programm
https://www.budapestinfo.hu/de/ethnografisches-museum-neprajzi-muzeum
https://www.baumeister.de/haus-der-ungarischen-musik-budapest/
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